Mit Morsetaste und Grünzeug

Den tiefsten musikalischen Eindruck jedoch hinterließ bei ihm ein Besuch des Frühlingsfestes auf Burg Hohlenfels. Dort war inzwischen Arach ein Ordensführer der Bockreiter als Burgvogt eingezogen und prägte den Gesang der Nerother vor Ort merklich. Diese erste Begegnung mit den Bockreitern und jene erlebte Burgnacht unter singenden Nerothern sollte ein Jahr später zum Wendepunkt im eigenen Leben und Denken führen. Sein Lied » Roter Wein im Becher « fußte auf dieser besonderen Nacht, hatte in ihr seinen eigentlichen geistigen Ursprung. Ein Versuch dieses für ihn einmalige Erlebnis der feiernden Nerother in einer Melodie zu erfassen, war die Grundidee zu besagtem Liede.

Ex-Libris

Jürgen Sesselmann

All sein Vagabundieren hinterließ aber auch Spuren im schulischen Alltag, denn seine Gedanken schweiften eher durch ferne Länder auf fremden Kontinenten als an die Tafel im Klassenzimmer. Gerade die schlechten Zensuren in den Fremdsprachen, die wegen mangelndem Sprachtalent viel Fleiß erforderten, wurden deshalb zu seinen treuen Weggefährten. Unter anderem durfte er deshalb in der Quinta auch neue Klassenkameraden kennenlernen und bekam gleich drei außergewöhnliche Lehrer dazu geschenkt.

So empfand er auch deshalb das Sitzenbleiben mehr als Belohnung denn als eine Strafe. Folgerichtig sah er auch keinen erkennbaren Grund, in seinem Verhalten tiefgreifende Veränderungen vorzunehmen. Aber auch dieses gute Lehrer-Trio vermochte ihn nicht, vor einer weiteren Runde in der Unterprima zu bewahren. Pfiffigerweise bewahrte er sich davor selber und trat motiviert den Wehrdienst in der Bundeswehr an.

Seinen Einsatz als Hochgebirgsjäger, den sie aus der Belastung des Kreislaufes durch zehn Kniebeugen ermittelt hatten, schlug er aber aus, wollte er doch Meteorologe auf einem Flughafen werden. Da aber die einzige Stelle für Wehrpflichtige in Deutschland gerade belegt war, folgte er seiner zweiten Eignung. Er wurde als angehender Tastfunker zur Grundausbildung auf einen norddeutschen Luftwaffen-Stützpunkt eingezogen. Doch seine Erwartungen auf eine harte körperliche Zucht in der dreimonatigen Grundausbildung wurden stark enttäuscht. Er verbrachte sehr lange Herbstmonate in theoretischer Ausbildung mit wöchentlichen Prüfungen über Funktechnik und Morsen, die ihn doch sehr an die gerade verlassene Schule erinnerten.

In dieser Pinneberger Kaserne entstand so zwei Tage vor Weihnachten das Lied » Ein Wind hat sich erhoben «, eingestimmt vom umgebenden Heideland, vom ewigen, Wolken treibenden Wind und der nicht allzu fernen Nordsee.

-> Vierter Streich