Lieutenants-Klage
Fordre Niemand mein Schicksal zu hören, der das Schwert statt
aus dem Gedichtband : Franz, Freiherrn von Gaudy - Lieder und Romanzen, 1837 — 1. Auflage, In der Weidmann'schen Buchhandlung, Leipzig
( Parodie )
Fordre Niemand mein Schicksal zu hören,
der das Schwert statt der Feder erwählt.
Laßt euch niemals vom Schimmer bethören,
und vernehmt was ich warnend erzählt:
Als Gen’ral, wie ihn Clauren beschrieben,
sah ich mich, und mit Lorbeern umlaubt –
Vom Gen’rals-Traum ist Nichts mir geblieben,
als mehr Schulden wie Haar’ auf dem Haupt.
Keine Hoffnung ist Wahrheit geworden
von des Kampfes entzückender Lust.
Und für einst zu verdienende Orden
bleibt noch Spielraum genug auf der Brust.
Nur Parademarsch üb’ ich im Frieden:
Oft vom Obristen hart angeschnaubt,
bis beim Corps der Total-Invaliden
Ruhe winket dem zitternden Haupt.
Noch als Junker, da wähnt’ ich zu steigen, *)
schon als Lieut’nant entsag’ ich der Welt;
denn mein Pech blieb mir ewig treueigen,
und was hilft das Patent ohne Geld!
Euch, ihr Gläubiger, Euch nur beklag’ ich,
die Ihr stets meinen Worten geglaubt –
denn eh’ ich Euch befriediget, trag’ ich
auf Parol’ schon ein schneeweißes Haupt.
Worte: 1821 Franz, Freiherrn von Gaudy (1800-1840)
*) Die Verse des Gedichtes hatten zur Zeit ihres Entstehens teilweise andere Worte und wurde so auch unter den Soldaten seines Regimentes gerne auf Märschen und anderen Gelegenheiten gesungen.
Gaudy's Schicksale
"Fordre Niemand mein Schicksal zu hören,
der das Schwert statt der Feder erwählt,
lasset nie Euch vom Schimmer bethören,
und vernehmt, was ich warnend erzählt:
Von der Garde zur Linie vertrieben,
meiner silbernen Litzen beraubt,
ist mir nichts von der Garde geblieben,
als mehr Schulden, wie Haar auf dem Haupt.
Keine Hoffnung ist Wahrheit geworden
in des Jünglings hochklopfender Brust,
nur von Sieg träumt ich einst und von Orden,
von des Kampfes beglückender Lust;
jetzt marschir' ich allein zu Revüen,
werde nur vom Major angeschnaubt,
bis bei den Garnison-Compagnien
Ruhe winket dem alternden Haupt.
Ja, in Potsdam, da wähnt ich zu steigen,
und in Glogau entsagt' ich der Welt,
denn mein Pech blieb mir ewig treu eigen,
und man ist nur ein Lump ohne Geld.
Euch, ihr Gläubiger, Euch nur beklag ich,
die Ihr stets meinen Worten geglaubt,
denn eh' ich Euch befriedige, trag' ich
ganz bestimmt schon ein schneeweißes Haupt."
Parodie eines Holtei'schen Liedes : Ford're niemand, mein Schicksal zu hören
Das seinerseits eine Parodie auf ein Polenlied war.
Siehe dazu auch : Oskar Schade, Deutsche Handwerkslieder, Leipzig, 1865
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Jürgen Sesselmann (mayer)
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